Von Sternen, Handwerkskunst und Kreativität: Spitzengastronomie im Saarland
Shownotes
"Pop up" - Restaurant Tao: https://www.tao-atama.de/de/ Forum Magazin: https://www.magazin-forum.de/de/tao-als-uebergang IHK des Saarlandes: https://www.saarland.ihk.de/
Transkript anzeigen
Transkription
Thomé: Willkommen zu Deep Dive Wirtschaft, Trends, Technologien und Transformation im Saarland. Mein Name ist Frank Thomé und ich bin der Hauptgeschäftsführer der IHK des Saarlandes. Ja, ich habe auch heute wieder einen Gast bei mir im Studio, auf den ich mich sehr freue. Martin Stopp ist ein Mann für den kulinarischen Hochgenuss. Ein Sternekoch aus dem Saarland, dessen bisherige Arbeitsstationen sich wie das “Who is Who” der hochdekorierten Sternehäuser lesen. Nach Stationen zum Beispiel im Gästehaus Klaus Erfort, im Schlosshotel Bühlerhöhe und in mehreren weiteren Top-Restaurants wurde er als Küchenchef im “Le Noir” in Saarbrücken 2009 zum ersten Mal mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Zwei weitere hat er sich dann als Küchenchef im Hotel “La Maison” erkocht, wo er bis Ende 2022 das Restaurant “Louis” geleitet hat. So, und weil ihm das alles noch nicht reicht, gibt er gerade richtig Gas und startet mit einem neuen Restaurant, einem neuen Konzept, vielen Ideen und noch mehr Power. Ich bin gespannt und freue mich auf das Gespräch mit Martin Stopp. Ganz herzlich willkommen zum heutigen Deep Dive Wirtschaft.
Stopp: Herzlichen Dank, vielen Dank.
Thomé: Herr Stopp, erklären Sie mir doch zu Beginn mal, was genau ist eigentlich ein Pop-Up-Restaurant?
Stopp: Genau, also im Prinzip das, was man auch auf dem Handy hat, ist etwas, was sich öffnet und irgendwann nach einem gewissen Zeitraum auch wieder schließt. So auch das Pop-Up-Restaurant, für uns aktuell geplant in Spiesen-Elversberg für zehn Monate.
Thomé: So Ihr Restaurant dort, dieses Pop-Up-Restaurant, Tao, was genau steckt dahinter, was ist da Ihr Konzept?
Stopp: Ja, also das Tao ist im Prinzip schon die Vorabversion von dem ATAMA-Restaurant, was in St. Ingbert entstehen wird. Wir haben hier schon konzeptionell das dargestellt, was wir später auch in St. Ingbert darstellen möchten, nur noch in einer etwas verkürzten Form, sage ich mal. Also wir bauen uns jetzt unser Team auf in Spiesen-Elversberg, werden an unserem Konzept feilen, werden Gerichte entwickeln und dann später mit ausgefeilten Konzept quasi nur noch umziehen und den Namen ändern von Tau zu ATAMA.
Thomé: Sie selbst hatten ja mal über Ihren Küchenstil gesagt, das ist eine kreative Küche mit französischer Basis. Jetzt klingt Tao, jetzt klingt auch ATAMA in meinen Ohren eher japanisch. Wie passt das zusammen?
Stopp: Die Küche beinhaltet klar die französische Basis. Das ist auch dem geschuldet: Ich denke, dass einmal die Region, auch dann natürlich die prägendste Station, Klaus Erfort, meine Lehrstation war.
Was damals die moderne französische klassische Küche dargestellt hat und auch unsere Küche selbst basiert auf dem klassischen französischen Handwerk, also die französische Soßenkunst, liegt dem zugrunde. Und ansonsten haben wir auch viele japanische und asiatische Einschläge und so war für uns der Name ATAMA von der Küche her schon sehr passend und wir haben auch konzeptionell da einiges mit einarbeiten können. Einmal auch die Elemente, die fünf Elemente aus dem Asiatischen, die wir ins Interieur mit einfließen lassen, aber auch einen Anspruch, den wir an uns selbst haben, den wir an die Produkte haben, also an das Handwerk und so weiter, was sich auch stark in der japanischen Kultur findet und mich auch schon seit langem begeistert und auch beeindruckt.
Thomé: Sie hatten gerade gesagt, es war bei Klaus Erfort eine prägende Station. Wie genau hat er sie geprägt? Stopp: Ja gut, also ich hatte die Lehre begonnen 1996. Damals war es noch nicht so mit Social Media und da hat man nicht so die Einblicke gehabt. Also ich persönlich wusste zu dem Zeitpunkt eigentlich gar nicht, was das ist, Sterneküche. Ich komme aber aus einer Gastronomenfamilie. Also meine Eltern, die Mama und der Papa, die haben damals das Restaurant “Zum Frauenwald” betrieben. Da bin ich praktisch reingewachsen. Auch meine Geschwister haben damals mitgearbeitet. Ich war so der Nachzügler. Also die waren da schon im Teenie-Alter und haben da schon mitgeholfen. Ich war so der Kleine, der so in der Küche rumgeflitzt ist. Und das Vorbild war tatsächlich mein Bruder Frank, wo für mich früh feststand, eine Kochausbildung zu machen. Also Koch war absolut mein Traumberuf und da hatte ich einfach mal den Papa gefragt, wo macht man da die Ausbildung und der hat damals den Namen “Klaus Erfort” genannt und dann bin ich mal dahin und war dann sehr überrascht, was da eigentlich abgeht. Also es war für mich eine völlig neue Welt und es hat mich halt Tag für Tag begeistert und das war für mich auch ganz lange die Benchmark, also auch Jahre später noch, auch in anderen Sternehäusern war das, was ich da gelernt habe, immer wieder, was für mich ein “Eichmaß” war. Und von daher wurde mir das über die Jahre immer mehr bewusst, wie prägend diese Station war. Das hast du vielleicht mit 16, 17 nicht unbedingt so wahrgenommen, aber das war es definitiv.
Thomé: Das hört sich natürlich jetzt alles ganz toll und locker an. Der Papa hat gesagt, geh doch mal zu Klaus Erfort. Und dann sind sie da hingegangen und hat auch alles gut geklappt. Aber ich glaube, da kommt nicht jeder hin. Also was glauben Sie, hat Klaus Erfort in Ihnen gesehen, dass er Sie da erstmal angenommen hat für die Ausbildung, aber dann auch viel Zeit wahrscheinlich auch mit Ihnen verbracht hat, um Sie so zu prägen über Jahre?
Stopp: Nee, also ob ich mich da so gut verkauft habe in dem Alter, weiß ich nicht. Ich denke eher vermutlich nicht. Ich denke schon, dass der Klaus Erfort aber sehr viel Hoffnung in mich gesetzt hat, eben aufgrund dessen, dass ich die Vorgeschichte Gastronomenfamilie und im Prinzip schon wusste, worum es geht. Und ich denke, dass er da viel Hoffnung in mich gesetzt hat.Also das Gefühl hatte ich schon gehabt und dementsprechend sich auch wirklich Zeit für mich genommen. Also ich kann mich noch an den ersten Tag damals auf dem Saucen-Posten erinnern, also Fleisch, Fisch, Soßenzubereitung, also eigentlich schon die Königsdisziplin in der Küche. Und da hat er mir so gezeigt, wie der Postenaufbau abläuft, wie die Service-Schublade auszusehen hat, wie der Posten zu stehen hat, also immer jedes Detail genau an seinem Platz, immer genau da und nicht woanders und da war ganz klar die Aussage, das habe ich dir jetzt einmal gezeigt, sobald du das ablieferst, kannst du an den Herd. Das war so sein Spruch damals und da war ich dann auch relativ schnell, konnte ich dann tatsächlich an den Herd und Soßen zubereiten und er hat mir wirklich alles auch persönlich gezeigt und das war dann schon ein Privileg.
Thomé: Bleibt so ein enger Kontakt dann bestehen oder ist es dann so, wenn man selbst mal so ein gewisses Level erreicht hat, dann wird die Luft dünn? Wie läuft es unter Spitzenköchen in ihrer Liga? Ist man da befreundet? Geht man abends zusammen weg?
Stopp: Ja gut, der Klaus Erfort war für mich natürlich über viele Jahre immer noch der Chef. Also mittlerweile sind wir befreundet und haben einen guten Kontakt. Also wir telefonieren jetzt nicht einmal die Woche, aber das ist alles sehr positiv. Und man freut sich, wenn man sich mal trifft.
Thomé: Im Saarland gibt es ja insgesamt elf Sterne aktuell, mit aufstrebender Tendenz natürlich, ganz klar. Aber gibt es da so eine Art Club der Spitzenköche?
Stopp: Nee, so einen offiziellen Stammtisch haben wir da noch nicht. Man schreibt mal, oft läuft es sogar auch über Social Media, wo man dann immer wieder mal an den einen oder anderen erinnert wird und da schreibt man mal kurz, herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung oder was auch immer oder zum neuen Gericht und so wird der Kontakt dann auch gehalten.
Thomé: Jetzt stammen Sie ja aus einer Gastronomenfamilie. Das elterliche Gasthaus zum Frauenwald in Saarwellingen-Schwarzenholz wird von Ihrem Bruder Jürgen bis heute betrieben.
Stopp: Genau, richtig.
Thomé: Er ist ja auch Koch. Wie ist es eigentlich für Sie gewesen, in einer solchen Familie aufzuwachsen? Hatten Sie da überhaupt eine Option, irgendwas anderes zu werden oder wollten Sie immer Koch werden?
Stopp: Also bei mir ist es tatsächlich so, ich hatte schon die Option, aber wie gesagt, das war tatsächlich eine freie Entscheidung.
[Also wahrscheinlich haben die auch früh genug gemerkt, okay, der läuft in die richtige Richtung, da müssen wir nicht nachhelfen. Das mag schon sein. Wie gesagt, für mich stand das relativ früh fest, das war mein Traumberuf. Ich wollte Koch werden und da war wahrscheinlich auch für “den Babba” alles gut. Gut, kann ich gar nicht so beurteilen. Es ist halt auch so, dass meine anderen Geschwister, also mein jüngster Bruder ist zwölf Jahre älter als ich und die haben da schon alle, also die beiden Brüder haben eine Kochausbildung gemacht, die Schwester, die war im Service unterwegs und da war vielleicht auch nicht mehr so der Bedarf. Also ich bin mehr unter dem Radar, glaube ich, durchgelaufen und dann, wie gesagt, aus freien Stücken in die richtige Richtung gelaufen.
Thomé: Und gab es da einen bestimmten Moment, in dem sie gemerkt haben, dass ganz für sich alleine auch, dass sie sozusagen auch das Zeug dazu haben, ein Großer zu werden, dass sie in dem, was sie machen, richtig gut sind?
Stopp: Ich habe das relativ früh bestätigt bekommen, habe das aber immer eigentlich eher abgetan. Also mir wurde relativ früh schon in der ersten Station nach der Ausbildung auf der “Bühlerhöhe” von vielen Kollegen auch zugetragen, dass ich irgendwie einen besonderen Geschmack hätte oder eine Treffsicherheit. Ich habe das eigentlich so mehr so für Geschwätzt gehalten. Also man merkt natürlich über die Jahre, dass einfach viele Dinge, die man so anpackt, dann auch funktionieren. Da kriegt man irgendwann dann ein gewisses Selbstvertrauen. Aber das klare Ziel auch auf die Sterne, auch damals im “Le Noir”, hatte ich eigentlich nie so gehabt. War tatsächlich nicht der Fall. Ich wollte es immer gut machen. Also was ich mache, denke ich, das kommt auch vom Vater her, einfach so der Anspruch, das, was man macht, gut zu machen …und das in allen Bereichen. Und wenn das natürlich dann belohnt wird in Form von Sternen, das ist toll. Aber das war nie so ein ganz klares Ziel von mir.
Thomé: Gibt es weitere Wesenszüge, die man als Spitzenkoch auf der Sterne-Ebene mitbringen muss?
Stopp: Natürlich klar Disziplin, der Wunsch oder der Wille, die Dinge 100 Prozent abzuliefern, auch in der Lage zu sein, das immer wieder zu tun. Das ist, denke ich, so das Grundhandwerkszeug, was man da braucht. In meinem Fall ist es halt so, was mich vorantreibt, ist eigentlich immer das Streben nach Eigenständigkeit, nach einer eigenen Handschrift, nach eigenen Ideen. Also ich bin überhaupt nicht der, der versucht, anderen was nachzumachen, also sich inspirieren lassen und das wird durch die Arbeit von Kollegen auch mal angestoßen. Aber bei mir entwickelt sich immer was Eigenes daraus und das ist mir enorm wichtig und das treibt mich eigentlich auch an in allem. Denn ansonsten wäre es mir der Beruf wahrscheinlich auch tatsächlich zu langweilig, zu sagen, okay, jetzt geht es mir nur um die Sterne und ich würde mir jetzt ausrechnen, wie komme ich da möglichst auf kürzesten Wege schnell dahin… da muss ich nach Baukastenprinzip das, das, das machen und das ist überhaupt nicht meins. Also ich finde, wenn es aus meinem Inneren heraus erschaffen werden kann und dann so belohnt wird, dann bin ich halt auch stolz darauf. Dann ist das für mich auch eine besondere Auszeichnung.
Thomé: Jetzt ist Kochen natürlich einerseits Handwerk. Man muss sein Handwerkszeug auch lernen, um mal so ein Grundgerüst zu haben. Aber in Ihrer Liga kann ich mir vorstellen, ist es noch viel, viel mehr. So meine Vorstellung davon wäre eher so ein Dirigent, ein Künstler. Ist Kochen für Sie eine Ausdrucksform von Kunst?
Stopp: Definitiv, ja. Ich sag mal, es gibt natürlich immer unterschiedliche Arten von Köchen, die erfolgreich sind. Grundsätzlich musst du das Handwerk lernen, das ist ganz klar. Da gehört Fleiß und Ausdauer dazu. Da gehört auch mal dazu, dass man mal einsteckt tatsächlich, also auch mal aus Fehlern einfach lernt. Also in dem Sinne einsteckt. Wenn man dann viele Jahre Erfahrung hat und ein gewisses Rüstzeug gesammelt hat und eine gewisse Erfahrung und einen Erfahrungsschatz und dann einen inneren Drang auch verspürt, nach Entwicklung, nach Fortschritt, nach Eigenständigkeit, dann ist eben die Art Gerichte zu entwickeln meiner Meinung nach schon eine Kunstform. Weil das ist absolut was ganz Persönliches, was aus dem Innersten kommt.
Thomé: Und wenn da so viel von Ihrem Inneren mit drin ist, tut Ihnen das richtiggehend auch körperlich weh, wenn es einem Gast nicht schmecken sollte?
Stopp: Ja, das ist schon manchmal, also ich nehme das immer mit Humor, aber wenn man da ehrlich zu sich ist, das trifft dann natürlich auch ein Stück weit persönlich, das ist klar. Klar, also wenn ein Gast die Idee nicht versteht. Für mich zählt immer die Meinung des Gastes und auch wenn meine Idee, die muss ja dadurch nicht schlecht sein, ich finde die dann vielleicht immer noch toll und manchmal sind es auch Gerichte, die sind schon kontrovers. Also, das ist auch schon so eine kleine Marotte von mir, um mal Gerichte einzubauen. Wir hatten da mal das Gericht “Kein Käsegang”, hieß das Ding.
Mega cooles Gericht, eines meiner absoluten Lieblingsgerichte. War allein schon aufgrund der Komponente Käse, die ja eigentlich nicht da war, aber doch so ein wenig, also war ein bisschen speziell. Hat nicht jeder verstanden und dann musste ich mir auch einfach eingestehen, okay, das ist auch nicht für jedermann gemacht und dann ist das auch okay, ich kann das dann auch gut nachvollziehen.
Der Gast entscheidet letztendlich auch, was es da zu geben hat in so einem Menü. Trotzdem ist es immer noch mein Lieblingsgericht oder eins meiner Lieblingsgerichte, das wird sich auch nicht ändern, weil ich einfach die Idee total geil fand.
Thomé: Kochen auf diesem Niveau hat für mich immer sehr viel mit Perfektionismus zu tun, Weil ich sehe, da muss alles genau auf den Punkt passen, von der Konsistenz bis hin auch zur Temperatur. Wie ist Perfektionismus eigentlich mit Fehlerkultur zu verbinden? Wie sieht da gelebte Fehlerkultur in Ihrem Betrieb aus?
Stopp: Ja, das Problem, was wir ja alle haben, ist tatsächlich der Gast, der da im Restaurant sitzt, der eine Erwartung hat, der auch einen Betrag X bezahlt und da kannst du natürlich nicht am Gast Fehler akzeptieren, das funktioniert eben nicht. Du darfst im Prinzip keine machen. Ich denke, es gibt vielleicht Nuancen in der Perfektion, wo du sagst, das sind jetzt mal statt 100 sind es 98 Prozent und manchmal sind es auch mal 105. Das sind eben dann diese kleinen Details wie Temperaturen, einfach das Timing. Du hast immer einen Service, der läuft. 120 Prozent gut, manchmal hast du einen Service, der ist 100 Prozent. Also ich meine jetzt vom Ablauf, wie es abends so zugeht. Und dann merke ich vielleicht noch, heute waren es nur 99 Prozent bei dem Gericht. Der Gast wird das nicht mehr wahrnehmen. Und das ist noch irgendwo für mich persönlich, also da bin ich, habe noch eine gewisse Toleranzschwelle. Da gibt es sicherlich Kollegen, die sind da auf 0,0 unterwegs. Aber das sind dann Nuancen. Aber grundsätzlich kann es keine Fehler beim Gast geben. Also wenn da was schiefläuft, dann musst du sogar im schlimmsten Fall sagen, okay, das Gericht geht heute nicht raus und wenn ich es nicht mehr neu zubereiten kann, dann muss ich dem Gast das sagen. “Wir können es leider nicht mit dem Anspruch, den wir an uns haben und den wir ihnen bieten möchten, heute Abend für Sie servieren.” Also das müsste man dann im schlimmsten Fall tatsächlich machen.
Thomé: Das stelle ich mir gar nicht so einfach vor, weil es gibt sicherlich Fehler, die ein Kunde gar nicht merken würde. Aber Sie müssen dann die Entscheidung treffen, gehe ich diesen Kompromiss jetzt ein oder gehe ich den Kompromiss nicht ein?
Stopp: Ganz genau. Und am besten keinen Kompromiss machen. Es ist natürlich immer die Frage, der Fehler ist passiert. Natürlich kannst du dann mit dem Mitarbeiter schimpfen. In dem Moment kann das auch mal dicke Luft verursachen für eine Sekunde, aber dann muss eine Lösung gefunden werden. Entweder ist die Lösung, du servierst das dem Gast, das machen wir natürlich nicht. Neu zubereiten wird eine etwas längere Wartezeit für den Gast, auch nicht positiv, aber besser als letztendlich das Produkt serviert, was uns nicht genügt.
]Oder halt im schlimmsten Fall, ich müsste es mit einem Gast kommunizieren und vielleicht nach einer Alternative suchen. Das kann mich nicht an einen Fall erinnern, den es mal gegeben hätte, seit ich da dabei bin in dem Beruf, aber das wäre so die Reihenfolge, wie ich damit umgehen würde. Es geht für mich eigentlich nie um die Fehlersuche. Ich meine, der Fehler ist ja da. In dem Moment geht es immer nur um die Lösung.
Thomé: Ja, das ist ganz interessant. Ich selbst stelle mir das so ein bisschen klischeehaft so vor, als sei der Ton doch sehr rau. Fehler werden sofort aufgedeckt, sofort angesprochen. Wenn ich mich jetzt in Ihrer Küche umhören würde, wie würden die Kollegen da ihren Führungsstil beschreiben?
Stopp: Also das ist tatsächlich so, dass da natürlich der Fehler direkt aufgedeckt wird. Das gehört ja dazu, um letztendlich die Lösung auch herbeizuführen. Ich kann jetzt nicht erstmal um heißen Brei rumreden. Natürlich wird das dann erstmal kurz und kompromisslos klargestellt, dann gibt es vielleicht auch ein “wieso, weshalb, warum”, je nach Stresssituation kann das natürlich auch mal lauter sein in dem Moment, dann wird natürlich auch kurz protokolliert, das war jetzt gerade einfach schlecht, aber dann wird schon offen auch vom Team kommuniziert, so ist es halt mal. Da ist dann nicht mehr die Zeit, um mal kurz vor die Tür zu gehen und zu sagen, was hast du denn jetzt dabei gedacht? Was war denn das jetzt gerade? Warum ist denn jetzt der Spinat total verkocht oder das Fleisch durch? Also das ist in dem Moment leider die Zeit nicht mehr da. Also das ist halt ein Alltag, den wirst du in dem Bereich, denke ich, auch nicht abschaffen können. Das ist halt einfach mal eine Realität. Dann ist eine Frage wie geht man weiter mit oben um. Dann geht es nur noch um Lösungen und eben dann später ein Feedbackgespräch.Ansonsten “Wie würden die Mitarbeiter mich beschreiben?”. Also ich bin da schon eher der Motivator dem wichtig ist, dass auch alle Spaß haben bei dem was sie da tun ich bin jetzt keiner der wenn er Druck hat dann Druck weiter gibt. Also wie sie mich beschreiben würden, weiß ich nicht. Ich kann es selber grob beschreiben.
Thomé: Wenn ich bei mir zu Hause mal den Kühlschrank aufmache und dann sehe, was da drin liegt, dann hat Kochen bei mir viel mit Improvisationen zu tun. So auf ihrer Liga, gibt es da Situationen in ihrer Küche, wo sie auch mal improvisieren müssen?
Stopp: Natürlich jetzt auf dem Niveau immer weniger. Die meisten Restaurants bieten ja nur noch ein Menü an. Also mich jetzt auch eingeschlossen, aktuell für den Start sind wir jetzt mit einem Menü gestartet im Restaurant. Zusätzlich ein Menü an der Bar, weil im Prinzip wissen wir ja anhand der Reservierung, was da abends auf uns zukommt. Und dann ist das natürlich maximal geplant und dann gibt es Improvisieren in dem Sinne eigentlich nicht mehr. Es kann mal ein Fehler passieren und dann ist man noch mal kurz in der Situation erforderlich, wo der Koch dann schnell intuitiv eine Lösung herbeiführen muss oder ein Gast sagt zum Beispiel, “Ach der Hirsch war heute aber toll, hätten Sie noch ein Stückchen?” und dann sagen wir natürlich “Ja selbstverständlich”, aber eigentlich stresst uns das vielleicht auch ganz kurz in dem Moment, weil wir dann natürlich noch ein Stück garen müssen, wir haben es ja nicht da liegen. Und das sind nochmal so kurze Situationen, wo wir da in Anführungszeichen improvisiert müssen, aber das kann man nicht als komplettes Improvisieren bezeichnen. Eigentlich ist das heute schon fast wie in einer Fabrik, da sind die Abläufe ganz klar definiert und werden dann nur noch erledigt und das läuft sehr, sehr professionell.
Thomé: Kochen ist für mich persönlich so ein hoch kreativer Prozess, so stelle ich mir das wenigstens vor. Und so wie es ein Künstler immer wieder auch vor seinem Auftritt proben muss und erstmal ein Programm auch entwickeln muss, so haben Unternehmen eine Forschungs-Entwicklungsabteilung, in der Neues erforscht wird und entwickelt wird. Wie sieht es bei Ihnen persönlich aus? Denken Sie sich neue Ideen für ein Rezept einfach so aus? Schreiben Sie es nieder? Und wie läuft dann die praktische Umsetzung? Also gibt es Tage, an denen Sie einfach mal für mehrere Stunden allein in der Küche stehen und ganz viel experimentieren und Neues ausprobieren?
Stopp: Ja, das kommt oft tatsächlich beim Kochen. Also auch zu Hause oder auch beim Essen gehen. Eher seltener sogar noch bei Kollegen, die jetzt auch so im Sternebereich unterwegs sind. Da sieht man zwar auch interessante Sachen, aber oft sind es so die einfachen Dinge, die einen so inspirieren. Du gehst eine gute Hausmannskost essen und hast da einfach ein Produkt, eine schöne Rinderroulade zum Beispiel und Du denkst, das ist ja sowas Tolles, also warum das jetzt nicht mal im Fine-Dining-Format servieren. Und so gibt es halt viele Erlebnisse beim Kochen oder beim Essen. Grundsätzlich ist es natürlich so, hat man eine gewisse Vorgabe sich gesetzt, wann soll eine neue Karte entstehen und dann ist es tatsächlich so, dass das Grundgerüst da oft bei mir tatsächlich, da nehme ich mir mal einen Tag, setze mich da hin mit einem Blatt Papier und einem Stift und dann geht es los und dann wird erstmal so ein Gerüst gebaut und dann geht es eigentlich in die Küche und dann wird experimentiert.
Thomé: Und gibt es da eigentlich für Sie so etwas wie eine “Bucket List”, also Dinge, die Sie schon immer mal ausprobieren wollten, Ideen, die in Ihrem Kopf rumschwirren oder die Sie vielleicht schon zu Papier gebracht haben?
Stopp: Ja, also wir wollen uns jetzt verstärkt auch mit klassischen Zubereitungsarten nochmal auseinandersetzen. Also wir hatten ja eben schon mal das Thema Kreativität. Das iwas mir große Freude bereitet, sind eigene Gerichte zu entwickeln. Auf der anderen Seite bin ich ein großer Fan der klassischen Küche und des klassischen Handwerks und das ist immer ein Thema, was mich antreibt, wo wir jetzt auch mehr in die Tiefe gehen möchten.
Das sind so die ersten beiden Säulen auch aus dem Konzept ATAMA, was da entsteht. Also einmal diese kreative Schiene wo es um Aromen geht um Kombinationen um Überraschungen auch für den Gast vielleicht auch Geschmackskombinationen die man so noch nicht hatte die völlig eigenständig sind dann einmal eben eher das klassische Handwerk die klassische Küche dargestellt, in einem extra menü was für sich steht und dann die dritte Säule tatsächlich ein veganes Menü und das ist eigentlich das was jetzt im Moment ganz oben auf der Liste steht, was Entwicklung angeht, wo wir jetzt auch die Zeit in Tao und Elversberg nutzen werden, um ein veganes Menü auf einem sehr, sehr hohen Niveau zu entwickeln. Und das braucht einfach seine Zeit. Also das ist auch für uns, -Neuland wäre vielleicht übertrieben gesagt- aber da muss man ganz ehrlich sein, da muss man natürlich sich auch viel mit auseinandersetzen und befassen und auch entwickeln, um dann ein Menü auf dem Niveau auch hinzubekommen, wie wir uns das vorstellen.
Thomé: Ich halte das, also stelle mir das sehr anspruchsvoll vor gerade weil man ja viele Geschmacksaromen in den verschiedenen Fleischsorten sind.Stopp: Ich bring ringt halt von Haus aus gerne Umami mit.
Da muss man sich natürlich auch Gedanken machen, wie bringe ich da auch eine gewisse Geschmacksfülle nur aus pflanzlichen Rohstoffen mit in die Gerichte und auch eine Varianz. Also natürlich kannst du aus pflanzlichem vielleicht mal ein oder zwei Dinge herstellen, die sehr viel Umami beinhalten oder da geht es ja letztendlich auch darum, ein Menü mit sechs, sieben, acht Gängen über den Abend auch differenziert darzustellen und das ist dann schon eine Herausforderung.
Thomé: Jetzt haben Sie ja einiges vor. Im Soll ist, wenn alles planmäßig verläuft in St. Ingbert dann weitergehen. In der Villa Almarin dort, einem sehr schönen Jugendstilbau, das einst sogar mal das kleinste Fünf-Sterne-Hotel Deutschlands war. Dort wird dann Ihr künftiges Restaurant ATAMA entstehen. Wie wichtig ist es für Sie, dass Sie sich von Anfang an auch hier einbringen können? Also ich kann mir vorstellen, dass es ein großer Vorteil ist, direkt von Anfang an mit zu planen, mit zu konzipieren. Das muss doch wahnsinnig viel Spaß machen, ein solches Restaurant auf sich selbst und das eigene Team maßzuschneidern.
Stopp: Ja, absolut. Das ist jetzt alles super spannend und man kann natürlich von Anfang an wirklich alle Bereiche mitplanen, sei es jetzt von der baulichen Gestaltung, vom Interieur, der Teamaufbau, die Küche wird nochmal komplett auf das Konzept auch angepasst und geplant. ]Das ist jetzt natürlich mega spannend und auch die Zeit in Spiesen-Elversberg im Pop-Up-Restaurant im Tao ist jetzt natürlich ein Riesengewinn, auch was Teamaufbau angeht und so weiter. Man sieht einfach auch, aktuell ist die Service-Landschaft tatsächlich nach Corona sehr leergefegt und man braucht einfach, denke ich, ein bisschen mehr Zeit, um ein Team aufzubauen, auch gerade im Service-Bereich, als das vielleicht noch vor zwei, drei, vier Jahren der Fall war. Und das ist jetzt auch sehr, sehr spannend, einfach schon ATAMA weiterzuentwickeln, das Team aufzubauen, schon in Spießen-Elversberg.
Thomé: Haben Sie denn das Team für das zukünftige ATAMA schon beisammen? Wir leben in Zeiten eines ausgeprägten Arbeits- und Fachkräftemangels. Das ist ja gemeinhin so eine der größten unternehmerischen Herausforderungen unserer Tage, gerade im Gastronomiebereich. Wie ist das für Sie?
Stopp: Nee, also zusammen haben wir das noch nicht. Wir stehen tatsächlich in der Küche schon ab Start des Tao schon sehr, sehr gut da. Wir haben ein tolles Kernteam, alles gestandene Köche und Köchinnen. Da kann man einfach nur noch darauf aufbauen. Da wird sich jetzt über die Zeit auch immer wieder der ein oder andere mit dazu finden, da bin ich sicher. Das ist auch der Riesenvorteil, den wir haben, dass wenn jetzt auch gute Bewerber reinkommen, dass wir die auch einfach mitnehmen können, weil wir schon einen Betrieb haben. Das ist ganz klar der Vorteil jetzt. Im Servicebereich sind wir natürlich schon noch die Hauptposition aktuell am Suchen. Ich bin auch viel draußen auch mit dem Service und in der Gastgeberrolle unterwegs.
Und da ist das jetzt für den Start des Pop-Up-Restaurants, bin ich eigentlich sehr zufrieden mit der Situation, wie es ist. Aber da sind natürlich auch noch einige Positionen offen.
Thomé: Also was mich wahnsinnig interessiert, ist nochmal das Thema Erwartungen und wie gehen Sie mit Druck um? Sie haben sich in anderen Restaurants schon mehrere Sterne erkocht und bei Ihrem Namen sind die Erwartungen natürlich jetzt auch wieder sehr, sehr hoch. Alle gehen ja davon aus, dass Sie auch mit dem ATAMA wieder Sterne erkochen werden. Empfinden Sie das als eine hohe Messlatte? Wie gehen Sie da mit Druck um?
Stopp: Ja, also letztendlich ist es ja eine Frage, was ich mir für Ziele setze. Natürlich, klar, wird spekuliert. Da ist jetzt wieder klar die Ambition da und man erwartet, da kommen wieder Sterne. Aber es könnte ja auch sein, dass ich sage, okay, jetzt habe ich mal die Schnauze voll von der ganzen Sterneküche da und ich mache jetzt mal was ganz anderes und nehme mein Know-how und stecke das in irgendein Franchise-Konzept mit rein, auf einem hohen Niveau oder was auch immer. Da gibt es ja sicherlich auch kluge Wege, die man in andere Richtungen gehen könnte. Für mich ist jetzt klar gesetzt das Ziel, dass ich nochmal dahin möchte, was das Niveau der Küche angeht, wo ich schon war. Da habe ich mich jetzt etabliert. Für mich ist es das, was mich auch antreibt, was mich auch erfüllt am Ende des Tages. Also nicht die Sterne selbst, die da vielleicht kommen könnten, sondern eher auch die Sache an sich, das Handwerk und das Entwickeln, vom Gastronomiekonzept, von Gerichten und so weiter und so fort.
Also der kreative Prozess ist eigentlich das, was mich antreibt.
Thomé: Haben Sie manchmal Angst vorm Scheitern?
Stopp: Klar, vor der Eröffnung. Die ersten Tage davor, da macht man sich mal Gedanken über dies und jenes, aber so wirklich Angst vorm Scheitern eigentlich nicht. Also dafür waren meine Erfahrungen bis jetzt durchweg zu positiv und ich denke da immer positiv voran.
Thomé: Ja, das ist sehr schön. Stellen Sie sich vor, Sie dürften jetzt die Zeit mal um zehn Jahre weiter drehen. Wo würden Sie sich da sehen?
Stopp: Nee, grundsätzlich beschäftigt mich oder begeistert mich eigentlich die Gastronomie im Allgemeinen. Also die Küche ist natürlich auf der einen Seite immer klar, man sagt, man geht essen, weil man essen geht und nicht, weil man irgendwo nett sitzen will oder nur was trinken möchte. Wenn ich essen gehe, gehe ich essen und das Magnet ist immer erstmal die Küche, aber ich denke, da gehört heute halt mehr dazu. Da gehört ein Konzept dazu, da gehört eine tolle Serviceleistung dazu, das vor allem voran. Natürlich muss das Getränk im Glas muss stimmen, das ist für uns eigentlich im Prinzip der Standard.
Aber grundsätzlich finde ich, das muss nicht immer eine Sterneküche sein das könnte alles sein also ich denke Exzellenz und Perfektion und formvollendetes Handwerk und formvollendete Serviceleistung kannst du halt auf vielen unterschiedlichen Niveaus, darstellen und in 10, 15 Jahren würde ich mich da tatsächlich sehen auch weiter auch in Gastronomie Konzepten zu arbeiten und zu entwickeln, und vielleicht auch ATAMA weiterzuentwickeln oder Tao nochmal irgendwann darzustellen an einem anderen Standort. Das fände ich mega spannend. Im Moment ist das natürlich noch Zukunftsmusik, aber das wäre was, wo ich mir vorstellen könnte, damit es für mich auch lange spannend bleibt. Also weiter an Konzepten arbeiten.
Thomé: Ja, das ist eine tolle Vision, die Sie da darstellen. Also ich drücke beide Daumen, wünsche Ihnen Ihnen da viel Erfolg, weiterhin auch berufliche Erfüllung und ich bin ganz sicher, dass es gut weiterläuft. Ganz herzlichen Dank, Herr Stopp, für unser Gespräch.
Stopp: Danke für die Einladung.
Neuer Kommentar